Freitag, 28. August 2009

Fehlende Motivation für Unglücksflug

Offenbar blieben einige weitere Ungereimtheiten des Drehtages auch vor Gericht unklar. Nur eines ist klar: Insgesamt hat der Hubschrauber das Kanu der drei Statisten dreimal umkreist. Die ersten beiden Runden wurden wohl in ausreichender Höhe über dem Boot gezogen. Aus irgendeinem Grund ist der Hubschrauber dann beim dritten Anflug deutlich tiefer gegangen. Aber genau dieser Grund, der blieb wohl vor Gericht im Nebel der "Erinnerungslücken" der Hubschrauberbesatzung verborgen. Der Pilot schwieg hierzu eisern, der Rest der Besatzung konnte sich schlicht an fast nichts erinnern. Offenbar gab es auch einige "Schutzbehauptungen", wie folgender Ausschnitt aus dem offenen Brief des Sohnes des Verstorbenen andeutet:

Die Aussagen der Hubschrauberbesatzung bezüglich der „dritten Schleife“, die der Hubschrauber in weniger als zehn Metern Höhe über dem Kanu gezogen hat, und die letztendlich dann zur Katastrophe führte, sind mehr als widersprüchlich.

Es wurde etwa behauptet, die letzte, die tödliche Schleife wurde nur deshalb geflogen, weil auf den vorherigen Aufnahmen der Schatten des Hubschraubers zu sehen war. Die Videoaufnahmen haben eindeutig belegt, dass dies nicht der Fall war. Dennoch wurde dies von der Hubschrauberbesatzung vor Gericht fast einstimmig behauptet. Man hätte sich hier seitens des Gerichts noch stärkeres Nachfragen gewünscht!

Der Hubschrauberpilot, der auf mehr als 20 Jahre Berufserfahrung zurückblicken kann, gab außerdem die Überflugshöhe der letzten Schleife in der Verhandlung mit „etwa 30 Metern“ an. Dies, obwohl seiner Verteidigung das Gutachten eines bestellten Experten vorab bekannt gewesen sein musste, welches seine Flughöhe als „unter zehn Metern“ eindeutig bestimmte. Auch das vor Gericht gezeigte Beweisvideo machte deutlich, dass die Kufen des Hubschraubers fast schon „zum Greifen nahe“ für die Kanuten gewesen waren.
Auch nach mehrfacher Aufforderung von Richter und Staatsanwalt, „nun doch endlich sein Gewissen zu erleichtern“, war dem Piloten jedoch nicht zu entlocken, warum er erstens überhaupt so tief geflogen war und warum er zweitens so tat, als könnte er sich an die tatsächliche Flughöhe nicht mehr erinnern. Das Gericht hat zwar eindeutige Vermutungen angestellt, dass die Kreativabteilung der NDF den Piloten „wohl zum Tiefflug“ verführt haben könnte, konnte dies aber nicht eindeutig belegen.
Man muss sich freilich aber mehr als wundern, warum ein Mann, dessen Existenz als Berufspilot durch einen Schuldspruch nun so gut wie vernichtet wurde, überhaupt nichts tat, um sich für die „Irrationalität seiner Handlung“ zu rechtfertigen.

Natürlich kann nur das verurteilt werden, was auch beweisbar ist. Man hätte sich jedoch deutlich mehr Druck auf die Angeklagten sowie auf die als Zeugen auftretende Besatzung des Hubschraubers gewünscht, besonders da das Gericht ja in der Urteilsverkündung ganz offen von „offensichtlichen Lügen“ sprach. „Jemand hat Mist gebaut“, das stimmt, und zwar war dies der Pilot. Aber jemand anderes hat ihm mit großer Wahrscheinlichkeit gesagt, dass er „diesen Mist bauen soll“ – und dies, meiner unbewiesenen Meinung nach, einfach nur deshalb, um bessere Filmaufnahmen zu bekommen!

Labels: , , ,

Dienstag, 25. August 2009

Fehlende Drehgenehmigung für Unglückstag?

Noch sind es nur Gerüchte. Aber offenbar war für den fraglichen Tag des Unfalls gar keine Filmszene auf dem Tegernsee geplant. Aus diesen Gründen hatte die Filmfirma wohl auch gar keine Drehgenehmigung beantragt. Eventuell um sich ein paar hundert Euro zu sparen?

Offenbar brachte die Verhandlung auch diesen Aspekt nicht zur Diskussion:

Offenbar fehlte für den Unglückstag sogar die Drehgenehmigung für den Tegernsee. Dies ist ein weiteres Indiz, dass beim Dreh „improvisiert“, besser gesagt „geschlampt“ wurde. Eine Drehgenehmigung hätte außerdem mit weiteren Euro zu Buche geschlagen. Auch dies verstärkt den schalen Beigeschmack der ganzen Geschichte, dass hier gespart wurde, wo nur immer möglich – letztendlich mit tödlichen Konsequenzen.

Ohne Drehgenehmigung sollte die NDF jedoch direkt für sämtliche Schäden verantwortlich sein, die aufgrund dieses „illegalen Drehs“ entstanden sind. Auch dieser Aspekt ging in der Verhandlung völlig unter.

Labels: , , ,

Mittwoch, 19. August 2009

Unglückskanu für See-Einsatz gar nicht zugelassen?

In seinem Brief geht der Sohn aber nicht nur auf die unzureichend geklärten Fragen der Verantwortlichkeit ein, sondern er verweist auch auf die fehlende Diskussion über ganz praktische Versäumnisse der NDF-Produktion: Offenbar war das Unglückskanu gar nicht legal auf dem See unterwegs:

Aufgrund der bereits beschriebenen lückenhaften Aufklärungsarbeit bezüglich der Verantwortung für Sicherheitsfragen wurden entscheidende Versäumnisse der NDF erst gar nicht vor Gericht angeführt.
Ein entscheidender Punkt in diesem Zusammenhang wäre etwa, dass das eingesetzte Kanu laut TÜV-Gutachten gar nicht erst für einen See zugelassen war. Insofern war die langwierige Diskussion während der Gerichtsverhandlung, wer denn nun genau wann davon wusste, wie weit sich das Kanu mit den ungesicherten Komparsen vom Ufer entfernen hätte sollen oder dürfen, im Prinzip völlig irrelevant. Das kiellose Kanu war schlicht und ergreifend für einen See nicht geeignet und daher auch nicht für diesen zugelassen!

Die gefährlichen, und letztendlich tödlichen Konsequenzen hätten laut TÜV sehr einfach verhindert werden können: „Bei Verwendung eines nach BaySchO zugelassenen Mietbootes mit ausreichender Intaktstabilität und Leckstabilität wäre einerseits die Kentersicherheit deutlich höher gewesen, andererseits wäre das Boot, wenn es dennoch gekentert wäre, in stabiler Schwimmlage verblieben“. Laut Zeugenaussagen der Überlebenden hatten diese größte Schwierigkeiten, sich am Boot festzuhalten, da sich dieses permanent um die eigene Achse drehte.

Niemand auf Seiten der NDF hatte die Seetauglichkeit des Bootes vorab prüfen lassen. Leider wurde dieser entscheidende Aspekt vor Gericht nicht verhandelt.

Für „andere“ Einsätze des Kanus wären übrigens strengste Sicherheitsmaßnahmen wie etwa Kenterschläuche und Rettungswesten zwingend vorgeschrieben gewesen!.

Dienstag, 18. August 2009

Fehlende oder unklare Zuständigkeiten für Sicherheitsfragen bei Filmarbeiten der NDF

Ein Hauptanklagepunkt des Sohnes, welcher als Nebenkläger dem Prozess in Persona beiwohnte, war die mangelhafte Aufklärung der Zuständigkeit für die Sicherheit am Drehort:

Die Produktionsfirma NDF hat die Dreharbeiten durchgeführt und ist somit nach den einschlägigen Bestimmungen der zuständigen Berufsgenossenschaft wohl auch für das Einhalten der Sicherheitsbestimmungen verantwortlich. Durch eine Klausel in den Arbeitsverträgen wurde diese Verpflichtung auf die NDF-Arbeitnehmer delegiert oder besser gesagt, sie wurde auf diese „abgewälzt“. Nun ist es aber offenbar umstritten, ob denn diese Klausel überhaupt rechtens sei. Leider wurde dies vor Gericht nicht einmal in Ansätzen abgeklärt!

Des Weiteren wurde argumentiert, dass denjenigen Angeklagten, die auf NDF-Seite von der Staatsanwaltschaft als „direkte Verantwortliche“ für den Dreh ausgemacht wurden (der Aufnahmeleiter XXX sowie der Produktionsleiter XXX), kein „direktes Wissen von der genauen Ausgestaltung und somit der Gefahrenlage“ des fraglichen Drehs nachgewiesen werden konnte. Da bei beiden darüber hinaus auch kein „technisches Wissen bzgl. der Sicherheit von Wasserfahrzeugen“ vorausgesetzt werden konnte, wären die Angeklagten, laut Argumentation des Gerichts, auch nicht direkt für die unterlassenen Sicherheitsmaßnahmen verantwortlich zu machen. Eine aus unserer Sicht nicht vertretbare Meinung: Wenn man sich als verantwortungstragender Arbeitnehmer nämlich über etwas, was per Definition in den eigenen Aufgabenbereich fällt, nicht auskennt, dann muss man sich darüber informieren oder die Aufgabe delegieren!

In letzter Konsequenz sah es nun vor Gericht so aus, als wären weder die NDF selbst, vertreten durch die Geschäftsführer , noch deren „beauftragte Arbeitnehmer“ für die Absicherung der Drehs verantwortlich.

Ein neutraler Beobachters der Gerichtsverhandlung zweifelt bei einer solchen Argumentation wohl an seinem gesunden Menschenverstand, die Angehörigen des Opfers jedoch laufen fast schon Gefahr, aufgrund solcher „juristischer Winkelzüge“ innerhalb der Grauzone unseres Rechtssystems den eigenen Verstand zu verlieren.

Labels: , , , ,

Der offene Brief - Die Einleitung

In seinem Brief an Frau Dr. Merk fasst der Sohn des Verunglückten den Verlauf des Prozesses wie folgt zusammen:

Sehr geehrte Frau Dr. Merk,

vor dem Amtsgericht Miesbach wurde am 06. und 07. Juli der Unfalltod meines Vaters, Herrn Horst Huber, verhandelt. Horst Huber war am 11.10.2007 bei Filmaufnahmen der NDF im Tegernsee ertrunken, als das Kanu, in dem er gesessen hatte, durch den Propellerwind eines Hubschraubers zum Kentern gebracht wurde.

Von den drei Beschuldigten wurde einer, der Pilot des Unglückshelikopters, zu einer Geldstrafe von 3600 Euro (120 Tagessätze) verurteilt. Die anderen beiden Angeklagten, der Aufnahmeleiter sowie der Produktionsleiter der verantwortlichen Produktionsfirma Neue Deutsche Filmgesellschaft (NDF), erlangten eine Einstellung des Verfahrens gegen die Zahlung einer geringen Geldbuße.

In der Urteilsverkündung erklärte der Richter wörtlich, dass in diesem Gerichtssaal „gelogen wurde, auf dass sich die Balken gebogen hätten“. Ferner sprach er mich als Nebenkläger direkt an, um sich für die „lückenhafte Indizienkette“ zu rechtfertigen, die letztendlich zu den beiden Verfahrenseinstellungen geführt habe. Offenbar gab es wohl auch Schwierigkeiten, in dem „Geschwür von Verträgen“ die eigentlichen Verantwortlichkeiten lückenlos zu klären.

Wir als Familie des Verstorbenen halten dieses Urteil für einen juristischen, aber besonders auch für einen moralischen Skandal. Warum dies so ist, möchte ich im Folgenden gerne ausführen.

Zunächst aber ein paar kurze Worte über unsere eigenen Gefühle, ein paar Tage nach diesem „Skandal-Urteil“: Wir erhofften uns von diesem Prozess ein "gerechtes" Urteil, welches es uns ermöglichen sollte, schlimme Gefühle wie "Wut" und "Verzweiflung" ein wenig hinter uns lassen zu können, um von da an dann endlich mit der eigentlichen Trauerarbeit voranzukommen. Den Verstorbenen kann sowieso keiner mehr zurückholen, aber wir wünschten uns zutiefst, dass diese unsagbare Schweinerei nicht völlig ungesühnt bleiben dürfte. Nur so hätten meine Familie und ich wieder etwas Ruhe finden können. Das nun gefällte Urteil verhindert leider auch diese bescheidenen Wünsche!

Im folgenden fragt der Sohn sich letzendlich:

Was ist bei diesem Prozess so unendlich schief gelaufen?

Im weiteren Verlauf des Briefes listet er detailiert auf, was denn tatsächlich seiner Meinung nach "schief gelaufen" sein könnte. Diese Details werden wir hier in den nächsten Postings ebenfalls veröffentlichen.

Labels: , , , , ,

Der Tod eines Komparsen - die Schlagzeile

"Bei einem Dreh zur Serie 'Zwei Ärzte sind einer zuviel' ertrank ein Komparse im Tegernsee nachdem das Kanu, in dem der Mann mit zwei weiteren Statisten gesessen war, durch den Abwind eines Hubschraubers zum Kentern kam. Im darauf folgenden Strafprozess wurde der Hubschrauberpilot wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt, gegen zwei ebenfalls angeklagte Angestellte der Firma Neuen Deutschen Filmegesellschaft (NDF), welche für die Aufnahmen verantwortlich war, wurden die Verfahren hingegen eingestellt. (Quelle: Wikipedia).

Das Unglück sowie der Prozess erfuhren breites Medienecho (Münchner Merkurs, TZ München). Unser Blog "Tod eines Komparsen der ndf" möchte die Hintergründe des Strafverfahrens anschaulich machen. Aus diesem Grund werden hier zunächst einige Passagen eines offenen Briefes veröffentlicht, welchen der Sohn des Verunglückten an die bayrische Justizministerin, Frau Dr. Merk, geschickt hat.

Labels: , , , , , , , ,