Dienstag, 23. Februar 2010

Pilot scheitert mit Berufung

Der Pilot ist mit seiner Berufung gescheitert. Das Landgericht München bestätigte am gestrigen Abend die ursprüngliche Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und erhöhte sogar die Anzahl der Tagessätze von 120 auf 140. Als Grund für letzteres nannte der Richter die "Uneinsichtigkeit des Beschuldigten in das eigene Fehlverhalten".

Es bleibt nun abzuwarten, ob die Anwälte des Piloten Revision gegen das Urteil einlegen werden. Die Frist für eine Revision läuft am 01.03 ab. Ein ausführlicher und abschließender Kommentar zum Urteil wird in diesem Blog dann in Kürze veröffentlicht.

Montag, 8. Februar 2010

Eine Art "Bauernopfer"

Das folgende Interview wurde mit dem Sohn des Verstorbenen, Oliver H., nach dem zweiten Verhandlungstag im Berufungsprozess um den Tod seines Vaters geführt.

Karl Josef: Guten Tag, Herr H. Sie haben sich gerade im Gerichtssaal mehrere Male das Filmmaterial mitsamt der Kenterszene des Kanus ansehen müssen, in dem auch Ihr Vater saß. Wie fühlen Sie sich jetzt?

Oliver H.: Die Filmaufnahmen wurden bereits beim ersten Prozess vor Gericht in Miesbach gezeigt. Ich hatte mich damals aber entschieden, bei der Vorführung nicht auf die Leinwand zu sehen, um nicht später dann über Jahre hinweg diese Bilder im Kopf zu haben. In der Zwischenzeit sind jedoch so viele Diskussionen zwischen Anwälten, Verantwortlichen der Filmfirma, deren Versicherungen und weiteren Beteiligten geführt worden, bei denen es stets um die Ursache des Kenterns ging. Erst neulich hatten wir ein Schreiben der HDI Gerling Versicherung erhalten, über welche der Arbeitgeber des Piloten versichert war, in welchem die Sachbearbeiter zahlreiche Gründe für die Havarie nennen: die Unerfahrenheit der Komparsen, die hohen Wellen, eine natürliche Windböe …

KARL JOSEF: … nur der Hubschrauber soll laut der Versicherung völlig unbeteiligt sein?

OLIVER H.: Richtig. Da mir aber meine Mutter, unser Anwalt und weitere Personen, welche die Filmszenen bereits im ersten Prozess gesehen haben, versicherten, die Bilder bewiesen eindeutig den kausalen Zusammenhang zwischen tiefliegendem Hubschrauber und Kentern des Bootes, habe ich mich nun doch entschlossen, diesmal den Film auch zu betrachten. Um auf Ihre ursprüngliche Frage einzugehen, ich fühle mich schlecht. Der Filmausschnitt zeigt ja die letzten Momente im Leben meines Vaters. Da der Helikopter wirklich sehr tief fliegt, konnte ich meinen Vater natürlich trotz Verkleidung eindeutig an der Statur erkennen.

KARL JOSEF: Was genau zeigt das beschlagnahmte Filmmaterial?

OLIVER H.: Es zeigt im Prinzip drei voneinander unabhängige Schleifen, die der Hubschrauber zu Drehzwecken über dem Kanu gezogen hat. Die erste ist in sehr großer Höhe, die einzelnen Personen im Kanu sind nicht gut auszumachen. Die zweite Schleife ist schon deutlich niedriger, geschätzte 50 Meter oder so. Der Heli fliegt jedoch in Form einer Ellipse um das Boot herum, hält also einen relativ großen Abstand ein.

KARL JOSEF: Und der dritte Anflug, war der dann anders?

OLIVER H.: Das kann man wohl sagen. Interessant zu wissen ist, dass der vernommene Kameramann nach wie vor behauptet, er hätte dem Piloten für die dritte Schleife das Kommando „genau noch mal so wie die letzte Runde“ gegeben. Sieht man sich die Aufnahme aber an, ist dies schwer zu glauben. Der Hubschrauber nimmt eine völlig andere Anflugbahn, er zieht im Prinzip direkt auf das Kanu zu und geht dabei drastisch tiefer.

KARL JOSEF: Wie tief schätzen sie?

OLIVER H.: Schwer zu sagen. Die Aussagen des zweiten Komparsen, der ebenfalls im Boot saß, sowie die des Aufnahmeleiters, welcher das Geschehen vom Ufer aus betrachtete, deuten jedoch darauf hin, dass der Heli wohl deutlich unter zehn Metern über der Wasseroberfläche auf das Boot zuflog. Nur aufgrund der im Gerichtssaal gesichteten Aufnahmen hätte auch ich die Höhe auf deutlich unter zehn Metern geschätzt.

KARL JOSEF: Ist denn auf den Aufnahmen ersichtlich, was genau das Boot umwarf?

OLIVER H.: Absolut! Der Hubschrauber zieht direkt auf das Kanu zu, dreht jedoch kurz vor dem Boot scharf nach rechts ab. Es ist aber auf dem Film sehr gut zu sehen, dass der Druck des Hubschraubers, welcher als sogenannter „Downwash“ oder „Sidewash“ auf die Wasseroberfläche einwirkt, etwas seitlich versetzt vom Hubschrauber auf das Kanu zuläuft und dieses letztendlich mit voller Wucht trifft. Dies ist so eindeutig, da man exakt die Gischt sieht, die, vom Hubschrauber verursacht, auf das Kanu zuläuft wie eine Flutwelle. Diese Gischt unterscheidet sich vollkommen von den übrigen, eher flachen und gleichmäßigen Wellen auf dem See.

KARL JOSEF: Also diese vom Hubschrauber verursachte Flutwelle hat das Boot dann „umgespült“?

OLIVER H.: Wohl in Kombination mit dem unglaublichen Wind, der vom „Downwash“ erzeugt wurde. Es ist ganz deutlich zu sehen, dass einem der drei Komparsen durch diese starke Böe die Kopfbedeckung vom Kopf gefegt wird. Das nach innen offene Kanu hat dann wohl auf der rechten inneren Seite sowie der linken äußeren den kompletten Wind „gefangen“ und ist dadurch in einer schnellen Bewegung zur Seite gekippt. Die Insassen hatten keine Chance, auch nur irgendwie zu reagieren, das hat man ganz deutlich gesehen. Das ging so unglaublich schnell.

KARL JOSEF: Entschuldigen Sie die Frage, aber, hat man die Komparsen dann im Wasser noch gesehen?

OLIVER H.: [längere Pause] Nein, der Hubschrauber ist ja direkt vor dem Boot eine Rechtskurve geflogen, das Kanu ist also aus dem linken Bildrand verschwunden.

KARL JOSEF: Könnte man zusammenfassend also sagen, dass aus den Filmaufnahmen der Flugfehler des Piloten eindeutig hervor geht?

OLIVER H.: Man kann zumindest sagen, dass der Abwind des Helis auf der Wasseroberfläche eindeutig zu sehen ist und dieser das Kanu mit voller Wucht trifft. Mein Eindruck ist, dass der Helikopter wohl keine fünf Meter über der Wasseroberfläche war. Da ich aber selbst kein Pilot bin, kann ich auch schwer sagen, ob es ein Pilotenfehler war. Beim nächsten Prozesstag wird allerdings nochmals der Gutacher sprechen, welcher dem Piloten bei der ersten Verhandlung einen genau solchen schweren Flugfehler vorgehalten hat.

KARL JOSEF: Gut, nehmen wir also an, es handelte sich um einen Flugfehler. Ganz böse gesagt, Ihr Vater hätte sich aber dennoch wohl nur ein sehr kaltes Bad gegönnt und wäre ansonsten höchstwahrscheinlich unbeschadet aus der Sache herausgekommen, wären von der Filmfirma geeignete Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden, sehen Sie das vergleichbar?

OLIVER H.: Meiner Meinung nach ist das korrekt. Und jetzt begeben wir uns freilich in einen sehr schmerzhaften und auch moralischen Diskurs. Hier fallen dann sehr schnell Begriffe wie „Schuld“, „Verantwortung“ und „Gewissen“. Fakt ist, es gab keinerlei Absicherung. Fakt ist aber auch, genau solche Sicherungen – Wasserwacht, Schwimmwesten und Neoprenanzüge – waren vorhanden, als mit Schauspielern gedreht wurde …

KARL JOSEF: … wenn ich hier nachfragen darf, dieser Dreh mit den Schauspielern, war der nicht als Kenterszene geplant? War vielleicht deshalb „das volle Programm“ aufgefahren?

OLIVER H.: Das ist richtig. Nun ist hierbei aber zu wissen, dass der Verleiher des Bootes die ndf darauf hingewiesen hat, dass bei Benutzung des Bootes immer passende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen. Egal, ob es sich um „Plantschen“ in Ufernähe oder um eine Tegernseeüberquerung handelt …

KARL JOSEF: … Sie spielen hier darauf an, dass das Unglück in 300 Meter Entfernung vom Ufer stattgefunden hat?

OLIVER H.: Exakt. Und egal, ob dies ursprünglich so geplant war, an die Sicherheit hätte man denken müssen. Die ndf hätte das professionell machen müssen, das war offenbar alles stümperhaft durchgeführt.

KARL JOSEF: Sie sagen „die ndf“ hätte das machen müssen – wer genau war denn nun für die Sicherheit am Dreh verantwortlich?

OLIVER H.: Das ist ja der springende Punkt bei der ganzen Sache. Mal abgesehen vom Fehler des Piloten mache ich mindestens zwei Personen für diese Katastrophe verantwortlich, und zwar den Aufnahmeleiter sowie den Produktionsleiter.

KARL JOSEF: Aber das sind doch genau die beiden Personen, gegen die das ursprüngliche Verfahren in Miesbach eingestellt wurde.

OLIVER H.: Genau. Die Begründung war damals, dass man beiden nicht lückenlos nachweisen konnte, dass der Dreh die Komparsen potentiell in eine gefährliche Situation hätte bringen können.

KARL JOSEF: Aber sagten Sie nicht, die Verleihfirma des Bootes hätte für alle nur denkbaren Verwendungszwecke des Bootes „geeignete Sicherheitsmaßnahmen“ treffen müssen?

OLIVER H.: Völlig richtig. Nur ist dieser Punkt, wie auch einige andere, beim ursprünglichen Prozess in Miesbach irgendwie unter den Tisch gefallen, wie und warum auch immer. Davon abgesehen, konnte auch nicht rekonstruiert werden, wer wann wusste, wie der Dreh genau ablaufen sollte. Etwa gab es keine übereinstimmende Erinnerung, wie weit das Boot vom Ufer wegrudern oder wie tief der Hubschrauber ursprünglich fliegen sollte. Es gab sehr viele Erinnerungslücken der Beteiligten, jedenfalls haben sie sich vor Gericht auf solche so erfolgreich berufen, dass die Verfahren gegen Aufnahmeleiter und Produktionsleiter eingestellt wurden. Es konnte ihnen nicht eindeutig nachgewiesen werden, dass sie für die Sicherheit verantwortlich waren. Sie beriefen sich darauf, dass sie keine Experten für Sicherheit am Dreh seien, und dass eben niemand im Vorfeld an potentielle Gefahren gedacht hätte. Die ndf selbst hat durch – wohl rechtlich sehr geschickte Verträge – die Verantwortung für die Sicherheit an die jeweiligen Mitarbeiter delegiert, welche sich dann als unfähig erwiesen haben …

KARL JOSEF: … diese Art „Verantwortungsdelegation“ wird aber von Ihnen ja nun angezweifelt, geht es nicht genau darum in der Strafanzeige?

OLIVER H.: Ja, dieser Vorwurf ist tatsächlich ein Teil des Fundamentes auf dem die rechtliche Begründung der Anzeige fußt. Man wird sehen, inwieweit sich das menschlich Verstehbare mit dem juristisch Machbaren verträgt. Wir sind aber sowohl von einer moralischen als auch von einer juristischen Schuld der Filmfirma überzeugt, insofern werden wir sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich alles in unserer Macht stehende unternehmen, um die Verantwortung dieser Firma zu überprüfen.

KARL JOSEF: Sie sprechen von moralischer Schuld. Was ist denn ihr Eindruck, gibt es Prozessbeteiligte auf der Gegenseite – etwa der Pilot, der Aufnahmeleiter, Produktionsleiter oder gar die Geschäftsführung der ndf – bei denen eine gewisse Einsicht in die eigene Verantwortung – um nicht das Wort „Schuld“ zu gebrauchen! – bereits eingetreten ist.

OLIVER H.: Hier muss man differenzieren. Die Geschäftsführung hat sich außer von zwei Anrufen bei meiner Mutter so gut wie komplett aus der ganzen Geschichte herausgehalten oder strikt abweisend verhalten. Wir wollten beispielsweise die ganze zivilrechtliche Angelegenheit außergerichtlich regeln, einfach um die eigenen Nerven nicht noch weiter über die Maßen zu belasten. Unser Anwalt hat hierbei eine Einigung vorgeschlagen, die für eine so große Firma wie die ndf finanziell ein eher symbolischer Beitrag zur Wiedergutmachung gewesen wäre. Die Anwälte der Firma haben dies allerdings mit einem eher brüsken Standardschreiben beantwortet. Man hat wirklich den Eindruck, die sind sich überhaupt nicht bewusst, zu was für einer menschlichen Tragödie es bei einem von ihnen zu verantwortenden Dreh gekommen ist.

KARL JOSEF: Und die anderen Beteiligten?

OLIVER H.: Der Produktionsleiter beruft sich darauf, dass er lediglich für das Budget des Drehs zuständig war. Allerdings hat der Aufnahmeleiter ihn meiner Meinung nach schwer belastet, indem er von einem Gespräch berichtet hatte, in welchem es um das Budget für den Hubschrauber ging. Es waren wohl noch 3000 Euro für diesen Dreh vorhanden, knapp 3000 hat dann auch der Hubschraubereinsatz selbst gekostet. Wären drei professionelle Stuntmen, wie erforderlich, eingesetzt worden, dann hätte jeder von denen mit weiteren 1000 Euro zu Buche geschlagen. Jeder der Komparsen wurde hingegen mit 50 Euro abgespeist – gut, die Gage für meinen Vater haben die sich dann ja auch noch gespart … Entschuldigung, aber es ist schwer, hier nicht polemisch zu werden!

KARL JOSEF: Das ist zu verstehen, kein Problem. Um aber auf die Frage zurückzukommen, was für einen Eindruck haben sie denn vom Aufnahmeleiter und dem Piloten.

OLIVER H.: Der Pilot tut sich meiner Meinung nach hauptsächlich selbst leid, der sieht sich als Art „Bauernopfer“. Was er auf eine bestimmt Art und Weise auch ist, der hält den Kopf für die anderen hin. Andererseits ist sein Flugfehler aber auch so drastisch dokumentiert, auch wenn ihm anderen den Auftrag zum waghalsigen Flug gegeben hätten, als Profi hätte er dies ablehnen müssen. Ganz sicher. Mit dem Aufnahmeleiter tue ich mich persönlich am schwersten …

KARL JOSEF: … habe ich das richtig in Erinnerung, dass genau dieser in Miesbach Ihnen die Hand geben wollte, Sie dies aber abgelehnt hatten.

OLIVER H.: Ja, so ist dies damals tatsächlich gewesen. Aus heutiger Sicht sehe ich dies teilweise als einen Fehler meinerseits an. Wenn der Aufnahmeleiter nicht selbst ein begnadeter Schauspieler ist, dann macht es wirklich den Eindruck, als wäre er der einzige der damals Beteiligten der im Wortsinne offensichtlich unter dem Vorfall leidet. Das macht schon seine Wortwahl deutlich, er spricht zumeist von „der Katastrophe“, wenn er über den Vorfall spricht. Dem macht sein Gewissen ganz offenbar schon schwer zu schaffen, das kann man nicht übersehen. Auf der anderen Seite werfe ich ihm aber vor, beim ersten Prozess nicht reinen Tisch gemacht zu haben. Auf die Fragen des Gerichts nach Verantwortlichkeiten bezüglich der Sicherheit beim Dreh hat er alles getan, um sich aus der Sache irgendwie rechtlich wieder herauszuziehen.

KARL JOSEF: Eine menschliche Verhaltensweise?

OLIVER H.: Ganz sicher, fast jeder würde das so machen, da bin ich mir sicher. Er hatte ja auch Erfolg damit, sein Verfahren wurde gegen die Zahlung einer Geldbuße dann ja auch endgültig eingestellt. Er ist beim Berufungsprozess daher auch nur als Zeuge vernommen worden – allerdings mit Rechtsbeistand.

KARL JOSEF: Hat er beim Berufungsprozess seine Einschätzung der Dinge dann einfach wiederholt, oder gab es hier Änderungen im Erinnerungsverhalten?

OLIVER H.: Schön gesagt! Nein, die Erinnerung war ungefähr dieselbe. Interessant war aber, dass er – anders als noch in Miesbach – vor dem Landgericht München eine Teilschuld eingestand, da er sich selbst – jedenfalls zum Teil – in der Verantwortung für die Sicherheit am Dreh sah. Er habe über die Sicherheit auch im Vorfeld mit dem Produktionsleiter gesprochen, sie hätten dann beide übereinstimmend beschlossen, dass der Dreh völlig ungefährlich sei und daher auf sämtliche Maßnahmen verzichtet werden könne.

KARL JOSEF: Eine fatale Fehleinschätzung.

OLIVER H.: So kann man es auch ausdrücken. Aufgrund der Verfahrenseinstellung ist der Aufnahmeleiter aber nicht mehr rechtlich zu belangen – insofern konnte er also ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen sein Gewissen entlasten, indem er eine Teilschuld öffentliche eingestanden hat.
Wie dem auch sei, ich bin mir bis heute nicht sicher, ob diese Filmleute alle einfach nur stümperhaft gearbeitet haben, oder ob das Einsparen von Geld im Vordergrund stand. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich hoffe, es war das Erstere. Fehler, auch eine Kette von Fehlern kann man verzeihen, ganz klar, schlimme Dinge passieren einfach manchaml. Wenn das Ganze aber eine bewusste Budget-Optimierung war, dann ist dies unverzeihbar. Dann ist das wirklich ein menschlich Abgrund, dann frage ich mich auch, wie die Verantwortlichen nachts ruhig schlafen können.

KARL JOSEF: Herr Dr. H., ich danke Ihnen für das offene und ausführliche Gespräch.

Labels: , , , , ,

Samstag, 6. Februar 2010

Berufungsprozess verlängert

Der Berufungsprozess wurde um einen Tag auf den 22. Februar verlängert. An diesem Tag wird auch mit dem Urteil gerechnet.

Als nächsten Blog Beitrag planen wir ein Interview mit dem Sohn des Verunglückten über dessen Impressionen der ersten beiden Prozesstage.

Nach dem Urteilsspruch werden Sie hier an dieser Stelle auch zeitnah einen abschließenden Kommentar zum Prozess vorfinden.

Labels: , , ,

Dienstag, 2. Februar 2010

Stellungnahme der Familie in der Münchner Abendzeitung

In der Münchner Abendzeitung erschien bereits am 14. Januar ein weiterer Bericht zum nun stattfindenden Berufungsprozess. Hier wird auch nochmals auf die Motivation der Familie eingegangen, troz hoher psychischer Belastung weiterhin um eine rechtliche Aufklärung der Vorfälle zu kämpfen: Die Tatsache, dass bis heute niemand die eigentliche Verantwortung übernommen hat für die fast unglaubliche Serie von Fehlentscheidungen und Versäumnissen während des damaligen Filmdrehs:

MÜNCHEN "Die Filmwelt hat meinen Vater fasziniert", erinnert sich Oliver H.
(38). Doch seine Faszination wurde dem 67-jährigen Komparsen zum Verhängnis. Als Double von Elmar Wepper kenterte Horst H. am 11. Oktober 2007 mit einem Kanu, weil der Hubschrauber mit Kamera zu nah rangeflogen war. Der filmbegeisterte Rentner ertrank im Tegernsee. Seitdem beschäftigt der Vorfall die Justiz.

Pilot Johann S. war vom Amtsgericht Miesbach wegen fahrlässiger Tötung zu einer
Geldstrafe verurteilt worden. Doch er geht in Berufung, will das Urteil, das ihm
die Hauptschuld an dem Unglück gibt, nicht auf sich beruhen lassen. Jetzt hat
auch Oliver H. Anzeige gegen die Geschäftsführung der Unterföhringer
Filmproduktion erstattet. Wegen fahrlässiger Tötung.

"Was mich vor allem stört, ist die Ungleichbehandlung", sagt der 38-Jährige.
Während die TV-Stars Elmar Wepper und Wolfgang Fierek mit allen erdenklichen
Sicherheitsmassnahmen bedacht wurden, liess man die Komparsen ohne
Neopren-Anzüge, Schwimmwesten, Kenterschläuche und Aufsicht der Wasserwacht
drehen. Als sich dann der Hubschrauber dem Kanu auf wenige Meter näherte, kam es
zur Katastrophe.

"Meine Mutter hat mich in Neuseeland erreicht, wo ich damals arbeitete. Es war
ein Schock", so Oliver H.

Die Leitung der Filmproduktion habe sich schriftlich bei seiner Mutter gemeldet,
ihr Beileid ausgedrückt, aber im gleichen Brief darauf hingewiesen, dass dies
kein Schuldeingeständnis sei. Das ist Oliver H. zu wenig. Den verurteilten
Hubschrauber-Piloten sieht er eher als Bauernopfer. Und das Verfahren gegen die
mitangeklagten Aufnahme- und Produktionsleiter hatte der Miesbacher Richter
eingestellt. Als Reaktion schrieb Oliver H. an die Justizministerin: "Wir
wünschen uns, dass diese unsagbare Schweinerei nicht völlig ungesühnt bleibt."

"Ich denke schon, dass wir auch zivilrechtlich etwas machen werden." Auch wenn
das nicht viel einbringt und für die Angehörigen grossen emotionalen Stress
bedeutet. Warum er sich das trotzdem antut? "Vieles ist unaufgeklärt geblieben.
Ich stehe vor der Tatsache, dass mein Vater tot ist und keiner so richtig die
Verantwortung übernimmt."
John Schneider
(Abendzeitung München)

Labels: , , ,